
Die Macht des Loslassens und der Selbstliebe
Im Ayurveda geht man davon aus, dass sich die rheumatoide Arthritis u.a. durch eine Störung im „Loslassen“ begründet. Es gibt viele Dinge, die der Mensch loslassen kann – körperliche und psychische, emotionale Dinge. Deswegen möchte ich Dir mit diesem Beitrag ein paar Gedankenanregungen geben, wie wir mit einer chronischen Erkrankung wie Rheuma lernen können, loszulassen – und hier schreibe ich Dir in erster Linie vom emotionalen Ballast, wie Du es schaffst, innere Stabilität zu erreichen und Dir auch in schwierigen Zeiten bewusst machen kannst, welch große Bedeutung Du selbst hast.
Zwei Dinge sind meiner Meinung nach bei Rheuma und dem Loslassen am wichtigsten – was geschehen ist (die Vergangenheit) und womit man sich selbst im Leid verstrickt. Dazu habe ich zwei Geschichten aus dem Zen für Dich:
Ein junger und ein alter Mönch laufen einen Pfad entlang. Sie kommen zu einem Fluss mit starker Strömung. Als sie sich bereit machen, ihn zu überqueren, sehen sie eine hübsche junge Frau, die nicht ans andere Ufer gelangt. Sie bemerkt die Mönche und bittet sie um Hilfe. Der alte Mönch nimmt sie auf die Schulter und trägt sie über den Fluss. Sie bedankt sich und geht ihrer Wege. Der junge Mönch ist sauer. So richtig sauer. Stunden später ist er noch immer sauer. Der alte Mönch fragt ihn, was los ist. „Als Mönche ist es uns nicht erlaubt, junge Frauen anzufassen! Wie konntest Du sie über den Fluss tragen?“. Der alte Mönch antwortet: „Ich hab die Frau vor Stunden am Ufer gelassen, aber wie’s aussieht, trägst Du sie noch immer mit Dir herum.
Was in der Vergangenheit passiert ist, ist passiert. Was nützt es Dir, eine alte Last länger als nötig auf unseren Schultern zu lassen? Es ist Ballast, der unsere Seele belastet – jahrelang, obwohl das ursprüngliche Ereignis lange vorbei ist. Kennst Du das auch?
Meine Frau hat mich verlassen“, klagt der Mann dem Meister. „Diese Schlampe, ich bin so wütend auf sie, jeden Tag schmiede ich Rachepläne, und es wird einfach nicht besser. Warum ist das Leben so schwer?“ Da antwortet der Meister: „Wenn wir verletzt werden, ist es, als würde uns ein Pfeil treffen. Das ist Schmerz. Es tut weh. Doch es gibt noch einen zweiten Pfeil, unsere Reaktion auf die Verletzung, unser Zorn, unsere Sehnsucht nach Rache. Dieser zweite Pfeil geht über den Schmerz hinaus. Das ist Leiden.

Wie kannst Du es schaffen, dass Du nicht mehr unter vergangenen Dingen leiden? Das Denken muss vom Verstand ins Gefühl, von der Vergangenheit ins Gefühl des Moments und vom Verdrängen zum Zulassen kommen. Wahrnehmen und zulassen, was an Gefühlen bei Dir da ist: Traurigkeit, Ärger, Wut, Gram, Neid und Verzweiflung. Denn diese negativen Denk- und Gefühlsmuster bilden (laut der ayurvedischen Lehre) geistige Schlacken (Ama), die die Symptome bei rheumatoider Arthritis hervorrufen oder verschlechtern können.
Loslassen ist größte Lektion des Lebens, der Schlüssel zum Glück.
Buddha
Nicht, weil es irgendwer von uns verlangt, sondern weil es alle Dinge wieder ins Fließen bringt, die wir in uns angesammelt haben (Gedanken und Gefühle). Loslassen sprengt die rostigen, schweren Ketten der Vergangenheit.
Wenn ich loslasse, was ich bin, werde ich, was ich sein könnte. Wenn ich loslasse, was ich habe, bekomme ich, was ich brauche.
Lao Tse

Warum ist Loslassen so schwer?
Weil wir darunter oft etwas anderes verstehen als das, was es wirklich ist. Jack Kornfield, Zen-Meister und Meditationslehrer, sagte dazu:
Die Dinge loszulassen bedeutet nicht, sie loszuwerden. Sie loszulassen bedeutet, dass man sie sein lässt.
J. Kornfield
Welche Gründe gibt es, warum man nicht loslässt?
1. Du fürchtest Dich vor dem Schmerz und der Endgültigkeit
Es ist schmerzhaft, wenn Dinge oder Beziehungen nicht mehr sind und wenn wir erkennen, dass sie nie waren oder nie sein werden. Ich selbst habe lange an einer Beziehung festgehalten, die längst nicht mehr war, die längst ein toter Traum war. Für mich war das Festhalten daran (m)ein Auslöser für Rheuma. Ich musste für meinen Heilungsprozess die Furcht vor der Endgültigkeit loslassen. Es kann aber auch sein, dass Du Dir wünschst, jemand anderes zu sein – ohne dicke Beine, ohne schiefe Zähne, ohne Ängste und Muster, in denen Du gefangen bist oder ohne Wut auf Dich selbst.
Vor dem Loslassen steht das Zulassen: erst müssen wir den Schmerz wahrnehmen und annehmen. Wir müssen ihm liebevoll Raum geben und ihn so wenig bewerten wie möglich. Er will gehört, gesehen und gefühlt werden. Nur dann kann er sich anschließend verabschieden.
Wie fühlt es sich für Dich an, wenn Du den Schmerz (aus welchem Grund auch immer) zulässt?
2. Du fürchtest Dich vor den Konsequenzen, wenn Du loslässt
Glaubst Du, dass Du etwas unwiederbringlich kaputt machst oder ein Kapitel Deiner Vergangenheit auslöschen würdest oder den Spalt in Deiner Hintertür endgültig zunagelst, wenn Du loslässt? Glaubst Du, dass dann etwas noch Schlimmeres passiert? Was wird passieren, wenn Du Deine Wunden aus vergangenen Beziehungen und Deine Sorgen loslässt? Hier reichen ja schon sorgenvolle Gedanken an morgen, die so unnötig sind, wie das Festhalten am gestern. Du kannst das gestern und das morgen nicht (mehr) beeinflussen. Oder glaubst Du vielleicht, dass Du es nicht verdient hast, loslassen zu dürfen („ich bin schuld und es ist nur gerecht, wenn ich mein Leben lang darunter leide.“)
In diesen Fällen ist es wichtig, dass Du Dich mit Deinen Glaubenssätzen beschäftigst. Was denkst Du über Dich? Vorher kannst Du nicht loslassen. Schau mal in meinem Beitrag zum Thema Selbstliebe und wie Du Dir Dein eigenes Rezept schreibst und Deine Glaubenssätze erkennst.
3. Dich umgeben Menschen, die selbst zu viel in der Vergangenheit leben
Die Menschen, die uns am nächsten sind, bestimmen auch am meisten über unser inneres Leben. Wenn sich Deine Mitmenschen wehren gegen das, was JETZT passiert und reden ständig über ein anderes Leben, bemitleiden sich sogar selbst, dann leben diese in der Vergangenheit. Das färbt ab und zieht unsere Gedankenwelt wie ein Magnet an. Gibt es Menschen, die Du vielleicht loslassen solltest, weil sie Dir nicht gut tun? Welche Menschen bestimmen über Dein Leben, ohne dass Du sie darum gebeten hast?
4. Du lernst nicht aus Deinen Erfahrungen?
Schmerzen sind auch dafür da, dass Du daraus lernst. Was kannst Du aus den schmerzhaften Situationen oder Beziehungen der Vergangenheit lernen und ab sofort anders machen?
Wir bekommen eine Aufgabe so lange immer und immer wieder, bis wir sie gelöst haben. Das ist auch der Grund, warum sich Beziehungen gleichen – so lange, bis wir erkennen, was uns schadet und wir daran etwas ändern.
Wie kann ich loslassen?
1. Lass Deine eigene Geschichte los
Welche Geschichten erzählst Du Dir immer und immer wieder? Welche Gedanken halten Dich auf Trab? Ist es z.B. „ich bin nicht gut genug“ oder „ich habe genug“. Welche Geschichte über Dich möchtest Du Dir in Jahren noch selbst erzählen und welche Geschichte möchtest Du pflegen, um Frieden und Ausgeglichenheit zu spüren und zu erleben? Wie hört es sich an, wenn Du Dir „ich werde unterstützt, geliebt und habe alles, was ich brauche“ erzählst? Diese Änderung in der Erzählweise Deiner eigenen Geschichte führt zu mehr Ruhe und innerer Stabilität. Wir können alte Geschichten, Denkmuster und Glaubenssätze während jedes Tages neu ersetzen und immer wieder wiederholen. Das beruhigt Körper und Geist.
2. Lass Zeug los
Wir erwerben so viele Dinge, weil wir glauben, dass dieses Zeugs, diese Erfahrung usw. uns glücklich machen wird. Wenn wir weiterhin außerhalb von uns selbst nach Vergnügen suchen, ohne ein starkes Selbst im Inneren, werden wir immer nach mehr suchen. Was brauchst Du wirklich, um Erfüllung zu finden? Den 3. Fernseher, das noch bessere Auto, das noch größere Haus?
Auch was Du in den letzten 8 Monaten nicht mehr benutzt hast, kannst Du getrost loslassen, entsorgen, spenden oder verkaufen.
3. Lass die Hektik los
Endlose Maillisten, keine Pausen, Massen an Informationen und unzählige Kontakte überfordern unseren Geist. Der beste Weg, um mehr Zeit, mehr Verbindung zu sich und seiner Freiheit zu haben, ist weniger Verpflichtungen zu haben. Wie kannst Du Dir Dein Leben vereinfachen, damit Du Zeit für das hast, was wirklich zählt? Was kannst Du heute schon loslassen?
4. Übe Dich jeden Tag in Selbstliebe
Wenn es um Deine psychische Gesundheit geht, ist es so wichtig, Dich in Selbstliebe zu üben. Jeden Tag. Dein Tag sollte schon damit beginnen. Wann hast Du Dir das letzte Mal selbst ein Kompliment gemacht? Wenn man immer nur bei den anderen ist, dann rückt man das eigene Glück automatisch an zweite Stelle.
5. Lass Menschen los
Loslassen bindet auch immer Menschen mit ein. Negative Menschen bringen logischerweise nichts Positives in Dein Leben. Umgib Dich mit Menschen, die in Dir Glück auslösen und die Positivität in Dir erwecken. Es ist ok, sie gehen zu lassen, auch wenn es eine schwere Lektion ist. Jede negative Beziehung ist Gift für Deinen Geist. Es ist nicht egoistisch, sich an erste Stelle zu setzen und negative Menschen gehen zu lassen. Du brauchst Dich dabei nicht schuldig zu fühlen.
6. Finde eine Selbstliebe-Morgenroutine
Eine ganz einfache Möglichkeit, Selbstliebe zu praktizieren, ist, sich genug Schlaf und Ruhe zu gönnen, den Tag mit einer (ayurvedischen) Morgenroutine zu starten, sich eine positive Affirmation zu sagen („ich liebe und akzeptiere mich so, wie ich bin“, „das Leben liebt mich und ich liebe das Leben“, „ich werde einen guten Tag haben“) und sich ein leckeres, warmes, energiespendendes Frühstück zuzubereiten.
7. Lass Vergleiche los
Du bist Du, und es gibt niemanden wie Dich! Je mehr Du Dich mit anderen vergleichst, desto mehr Schaden richtest Du in Deinem Selbstwertgefühl an. Schätze alles, was Du erreicht hast und sei dankbar für das, was Du hast. Es macht einen großen Unterschied.
Die einzige Person, mit der ich mich vergleiche, ist, wer ich gestern war, letzte Woche, letzten Monat, letztes Jahr….
8. Lass Gram und Wut Dir gegenüber los
Es gibt nichts Schlimmeres, als an Deinen Fehlern der Vergangenheit festzuhalten. Jeder macht Fehler und es ist wichtig, dass Du die Lektionen lernst und Dir selbst verzeihst. Je mehr du an diesen Fehlern festhältst, desto schwieriger machst Du es Dir, Dich selbst zu lieben.
Tipps für mehr Selbstliebe und Loslassen
- Sag Ja zu Dir und Deinen Bedürfnissen. Hab den Mut, deinen eigenen Wünschen und Werten zu folgen.
- Respektiere und wertschätze Deine Gefühle. Sei Dir bewusst, dass Du nicht Deine Emotionen bist und sie jederzeit loslassen kannst.
- Höre auf die Signale Deines Körpers. Höre darauf, was er Dir sagen möchte.
- Werd Dir bewusst, wie Du mit Dir selbst sprichst. Denke daran, dass Deine Sprache direkt mit Deinen Gefühlen verbunden sind. Sprich jeden Tag mit Dir, so wie mit dem Menschen, den Du am meisten liebst.
- Lerne Deine Grenzen kennen und entscheide Dich dafür, für sie einzustehen.
- Übe Dich im Meditieren und im Moment-Sein. Meditieren ist die beste und effektivste Form der Selbstliebe.
- Nimm Dir genug Zeit, um Ruhe zu genießen. Mal nichts zu tun.
- Entwickle für Dich eine Routine, mit der Du jeden Tag Dankbarkeit üben kannst.
- Hab jeden Tag Mitgefühl mit Dir (versuche z.B. die Metta-Meditation).
- Erlaube Dir, Fehler zu machen.
- Sprich jeden Tag mit Dir, so wie mit dem Menschen, den Du am meisten liebst.
- Schenk Dir selber mal wieder eine Schachtel Pralinen (klar, auch zuckerfreie).
- Sei kreativ – koche, zeichne, tanze.
- Probier etwas Neues aus – etwas, wovor Du vielleicht Angst hast (bei mir war es mal der Segelschein).
- Trink jeden Tag genug Wasser – eine nicht zu vergessende Form der Selbstliebe.
- Schreibe Dir Dein eigenes Selbstliebe-Rezept.
Ich freue mich zu lesen, wie es Dir mit diesem Beitrag ergangen ist. Schreib mir ♥ gern, wenn Du Schwierigkeiten mit der Umsetzung hast!
Quellen:
The Power of Letting Go – MindfulThe Power of Letting Go – Mindful
Buch: Shiva Singh: Der Mann, der Glück verschenken wollte (2021).
Bilder: Canva


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